Modellbasierte Evaluierung einmaliger Durchführung von COVID-19 Tests

  • 05.12.2020
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Unsere Modellrechnungen belegen Effektivität von Massentests bei mehreren Millionen TeilehmerInnen

Wenn wir uns grundsätzlich anschauen, was bei „Massentests“ passiert, können wir versuchen den Nutzen abhängig von der Beteiligung grob abzuschätzen. Wir nehmen vereinfacht an die Tests passieren zu einem definierten Zeitpunkt. Als Modellszenarien werden die Anzahl der getesteten Personen, 200 000 (2.5% der Bevölkerung) bis 6.3 Mio (70% der Bevölkerung) variiert. Als Zeitpunkt legen wir den 05.12.2020 fest.

Mithilfe unseres agentenbasierten Netzwerkmodelles können wir dann einschätzen, wie dieses Szenario im Hinblick auf die Entwicklung der neu detektierten Fälle und die Entwicklung der durch quarantänemaßnahmen (Test Quarantäne und Tracing) isolierte Personen aussieht.

Als Testsensitivität sind 70% angenommen, was einer Schätzung für herkömmliche Antigen-Schnelltests entspricht (siehe z.B. J. Dinnes u. a., „Rapid, point-of-care antigen and molecular-based tests for diagnosis of SARS-CoV-2 infection“, Cochrane Database Syst. Rev., Aug. 2020, doi: 10.1002/14651858.CD013705.). Falsch-positive Tests wurden in der Simulationsstudie nicht berücksichtigt, da sie keine/kaum Auswirkung auf die Epidemie haben (grundsätzlich aber natürlich ein wichtiger Aspekt).

Wenn wir uns die Modellergebnisse des agentenbasierten Modells im Hinblick auf neu gemeldete Fälle ansehen, so wie sie ohne wochentags-bedingte Schwankungen im Epidemiologischen Meldesystem (EMS) zu erwarten wären, sehen wir folgende Graphik

Abblidung 1 Abbildung 1: Modellergebnisse zu Massentestszenarien mit teilweiser Öffnung des Lockdowns am 7.12. für unterschiedlich viele Tests.

Mit dem Modell kann man sich dann auch noch anschauen, wie stark der Effekt eines Contact Tracings wirken würde. Das sieht dann wie folgt aus:

Abblidung 2 Abbildung 2: Modellergebnisse zu Massentestszenarien mit teilweise Öffnung des Lockdowns am 7.12. für unterschiedlich viele Tests.

Was können wir sehen?

Unter Berücksichtigung aller Modellvereinfachungen sieht man folgende Effekte ganz gut: Klarer Weise hängt die epidemiologische Wirksamkeit des Tests von der Teilnahmerate ab - je mehr, umso wirksamer. Wenn bis zu 10% teilnehmen ist der Effekt sehr niedrig, bei knapp 3 Millionen wird er gut sichtbar und über 6 Millionen sieht man den Effekt schon sehr gut. Und: Der Test hat in diesem Modell keine Auswirkung auf den Trend der Epidemie. Steigen die Zahlen vor dem Test, so steigen sie auch nachher mit ähnlicher Rate weiter, jedoch auf einem geringeren Niveau. Um solche Effekte zu erzielen, müssten wahrscheinlich ein noch größerer Teil gefunden werden. Die Ergebnisse der neu-gefundenen Fälle (Peak-Höhen in Abbildung 1) legen nahe, dass die Anzahl der positiv gefundenen Infizierten in etwa bei 1% der durchgeführten Tests liegen könnten.

In der Modellrechnung wurde davon ausgegangen, dass für die positive getesteten Personen das Contact-Tracing in der aktuellen Umsetzung durchgeführt wird. Wird bei den Querschnittstestungen auf das Isolieren von Kontaktpersonen verzichtet, wird die Reduktion der Infektionszahlen geringer ausfallen. Die Anzahl der durch Contact-Tracing gefundenen und isolierten Personen ist in dieser Modellrechnung relativ gering. Das ist kein Zufall und rührt von dem zu diesem Zeitpunkt immer noch aufrecht gehaltenen Lockdown Maßnahmen her: Da in dieser Zeit schlichtweg weniger Kontakte stattfinden, werden auch weniger durch Tracing gefunden.

Modellannahmen

Als Grundlage wird der aktuell für Prognosen im Rahmen des COVID-19 Prognosekonsorziums Parametrisierungsstand des dwh COVID-19 Modells verwendet. Die eingestellten epidemiologischen und demographischen Parameter sind der aktuellen Modelldokumentation zu entnehmen (bzw. M. R. Bicher, C. Rippinger, C. Urach, D. Brunmeir, U. Siebert, und N. Popper, „Agent-Based Simulation for Evaluation of Contact-Tracing Policies Against the Spread of SARS-CoV-2“, Epidemiology, preprint, Mai 2020. doi: 10.1101/2020.05.12.20098970.), die Parameter zur Wirksamkeit der aktuell gesetzten Maßnahmen sind am 24.11.2020 auf die aktuelle Fallzahlentwicklung kalibriert. Der Kalibrierungsalgorithmus ist ebenfalls der Dokumentation zu entnehmen.

Der Querschnittstest ist als Punktereignis im Modell implementiert, der in Abhängigkeit der Testsensitivität undetektierte, d.h. asymptomatische und präsymptomatische, Infizierte Modellagenten detektiert und isoliert. Gemäß Modellannahme gehören 80% aller Infizierten dieser Dunkelziffer-Kohorte an. In der Realität wird dieser Test kein Punktereignis sondern ein Prozess sein. Sollte dieser Prozess jedoch nicht länger als 7-10 Tage andauern, ist die getroffene Modellvereinfachung im Hinblick auf die Zielgrößen zulässig, da die Gesamtanzahl der Infizierten innerhalb dieses Zeitraums nicht stark variiert.

So wie beim modellierten TTI System für den „Normalbetrieb“, beträgt die Isolationszeit der neu gefundenen, positiven Fälle 10 Tage. Zudem werden gefährdete Personen im Umfeld der neu gefundenen Infizierten ebenfalls für 10 Tage isoliert (Haushaltsquarantäne sowie schwaches Contact Tracing mit 25% gefundenen Kontaktpartnern).