COVID-19: Festival-Regeln mittels Simulationsmodellen evaluiert

  • 15.07.2021
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Analyse bescheinigt: PCR-Eintrittstest und hohe Durchimpfung reduzieren Infektionsrisiko von Open Air Event

Simulationsmodelle sind ein ideales Werkzeug um “Was wäre, wenn…?” Fragen zu beantworten. Eine solche Frage ist, wie man Musikfestivals in Zeiten einer Pandemie sicher abhalten kann.

Um die Frage “Was wäre, wenn wir dieses oder jenes Sicherheitskonzept für das Festival verwenden?” zu beantworten, hat die dwh GmbH, gemeinsam mit DEXHELPP und der TU Wien, eine Simulationsstudie für das FM4 Frequency-Festival durchgeführt.

Ergebnisse der Studie im Überblick

Im Fokus der Studie stand die Frage, mit welcher Strategie möglichst viele Infizierte entdeckt und somit Infektionsketten unterbrochen werden. Dazu wurde die gesetzlich vorgesehen 3G-Strategie (Eintritt nur mit Nachweis genesen, geimpft oder getestet) einer schärferen Teststrategie gegenübergestellt. In dieser schärferen Strategie “3G-PCR” müssen alle Personen die nicht geimpft oder genesen sind vor Ort einen PCR-Eintrittstest ablegen.

Es zeigte sich erstens, dass dank der verschärften “3G-PCR” Einlassregel ein Großteil der Infizierten bereits am Einlass aus dem System gefischt wird. Dadurch sinkt im weiteren Verlauf die Anzahl der Neuinfektionen, welche mithilfe des Antigen-Tests 72h nach Betreten des Geländes entdeckt werden, um 40%. Zweitens kann ein signifikanter Einfluss der Durchimpfungsrate unter den Festivalbesuchern festgestellt werden. So sinkt bei einer Durchimpfungsrate von 70% die Anzahl der am Festival bestätigten Neuinfektionen um über 40%, gegenüber einer Durchimpfungsrate von 50%.

Darüber hinaus stellt die Regel, mit Impfung nicht getestet werden zu müssen, für die BesucherInnen vermutlich ein Incentive dar, Impftermine in Anspruch zu nehmen. Das ist insofern ein positiver Aspekt, da speziell für den Herbst eine möglichst hohe Durchimpfungsrate erreicht werden muss, um einen Anstieg der Fallzahlen zu verhindern. Ideal wäre es daher im Vorfeld des Events aktiv für eine Impfung zu werben, um schwierig zu erreichende Zielgruppen für die Impfung zu motivieren.

Neben den Neuinfektionen sind die Auswirkungen auf das Gesundheitssystem relevant. Hier sehen wir, speziell durch die Zusammensetzung der Altersgruppen der Besucher, dass nur eine für das Gesundheitssystem unbedeutend kleine Personenanzahl medizinische Betreuung benötigt. Dabei ist nicht inkludiert, welche weiteren Infektionen z.B. bei Älteren nach dem Festival stattfinden.

Die Simulationsannahmen im Detail

Für das Event - und somit die Simulation - waren die Vorgaben der Veranstalter:

  • Das gesamte Festivalgelände (inkl. Campingzone) ist abgesperrt, BesucherInnen müssen beim Eintritt 3G bzw. “3G-PCR” nachweisen und bleiben bis zur Abreise am Areal. Staff kann das Gelände nach allgemein gültigen Regeln verlassen und betreten.
  • Vor dem Eintritt ins Gelände muss der 3G-Nachweis, bzw. in der “3G-PCR” Strategie ein zusätzlicher PCR-Test für nur-getestete, erbracht werden.
  • 72 Stunden nach dem Einlass ins Festivalgelände wird jede Person, die als “negativ getestet” eingelassen wurde, einem Antigen-Test unterzogen.
  • Das Festival findet vom 19. bis 22. August (4 Festivaltage) statt, wobei 17. und 18. als Anreisetage und der 22. bzw. 23 als Abreisetage berücksichtigt sind.
  • Es werden 49.500 Besucher erwartet. Diese teilen sich auf 83% Österreicher, 17% Deutsche in der Altersgruppe von 16-25 auf.
  • Das Festival wird, bei Bedarf, von 4 Tagen (Donnerstag - Sonntag) auf 3 Tage (Do-Sa) verkürzt werden (in dem Fall ist nur der 22. Abreisetag).

Durch den Eintritts-Test wird ein Großteil der Covid-infizierten Personen am Eingang abgefangen. Aufgrund des diagnostischen Fensters, sowie der (sehr geringen) Möglichkeit sich trotz Impfung oder Genesung kurz vor dem Eintritt infiziert zu haben, ist es allerdings unmöglich 100% aller Covid-Infizierten abzufangen.

Mit diesen Annahmen wurden vier unterschiedliche Szenarien (jeweils für das 4- und 3-tägig Festival) getestet:

  1. 50% der FestivalbesucherInnen sind geimpft + normale 3G-Regel
  2. 50% der FestivalbesucherInnen sind geimpft + alle nur-Getesteten müssen PCR-Test machen
  3. 70% der FestivalbesucherInnen sind geimpft + normale 3G-Regel
  4. 70% der FestivalbesucherInnen sind geimpft + alle nur-Getesteten müssen PCR-Test machen

Verglichen wurde dabei die Anzahl der, mithilfe des Antigen-Tests entdeckten Neuinfektionen, welche am Festival stattgefunden haben. Die Ergebnisse für das 4-Tage Festival sind in Abbildung 1 zu sehen. Ergebnisse für das 3-Tage-Festival sind aufgrund der Einschränkungen nicht aussagekräftig.

Abbildung 1: Durch einen PCR-Eingangs-Test wird ein Großteil an infizierten Personen (gelbe Balken) aus dem System gezogen, welche ohne das Festival vielleicht nicht getestet worden wären. Zusätzlich reduziert eine hohe Durchimpfungsrate von 70% (gegenüber 50% Durchimpfungsrate) die Anzahl an bestätigten Neuinfektionen drastisch. Abb.1: Durch einen PCR-Eingangs-Test wird ein Großteil an infizierten Personen (gelbe Balken) aus dem System gezogen, welche ohne das Festival vielleicht nicht getestet worden wären. Zusätzlich reduziert eine hohe Durchimpfungsrate von 70% (gegenüber 50% Impfrate) die Anzahl an bestätigten Neuinfektionen drastisch.

Einschränkungen

  • Die bestätigten Fälle bezeichnet jenen Anteil der Infizierten, welcher durch Tests gefunden wird und ist in den Altersgruppen sehr unterschiedlich. Die restlichen Infizierten beinhaltet die sogenannte Dunkelziffer. Diese wurde nicht ausgewiesen.
  • Die Studie wurde mit den damals aktuellen Covid-Prognosen (vom 6.7.2021) gerechnet. Aufgrund der seither gestiegenen Fallzahlen müssen die Ergebnisse daher entsprechend nach oben korrigiert werden.
  • Der Antigen-Test wird 72h (3 Tage) nach Eintritt ins Gelände durchgeführt. Bei einer Verkürzung der Festivaldauer von 4 auf 3 Tage wird, aufgrund der An- & Abreisezeitpunkte, ein Großteil der BesucherInnen nicht mehr getestet. Dadurch sinkt klarerweise die Anzahl der entdeckten Neuinfektionen stark ab.
  • Für die berechneten Szenarien wurde eine vergleichbare Saisonalität wie im Juli 2020 angenommen.
  • Die Verbreitung der Deltavariante wurde in der Simulation berücksichtigt und wird im August über 90% der Fälle ausmachen.
  • Weitere importierte Varianten mit potenziellen Fluchtmutationen werden nicht berücksichtigt.