Modellerweiterung: Dynamik des Immunitätsverlaufes abschätzbar

  • 02.03.2022
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Optimistische Modellrechnung zeigt: ohne Reaktion sinkt Immunitätslevel bis Oktober auf knapp über 10%

Basierend auf dem erfolgreichen (und kürzlich publizierten) Modell zur Analyse des Immunisierungslevels der Bevölkerung, wurde (gemeinsam mit TU Wien und DEXHELPP) eine Erweiterung entwickelt. Diese Erweiterung erlaubt es einerseits den Immunisierungsprozess und andererseits den Verlust des Schutzes gegen Infektion, sowie des Schutzes gegen Hospitalisierung abzubilden. Dadurch ist es möglich das Immunisierungslevel der Bevölkerung in die Zukunft fortzuschreiben, was wiederum eine Unterstützung für EntscheidungsträgerInnen darstellt.

Aufgrund der gegenwärtigen Unsicherheiten in Bezug auf die Datenlage und epidemiologische Situation (siehe PDF der Studie für Details) wurde das Modell entsprechend vereinfacht/angepasst. Die Modellergebnisse sind daher keine Zukunftsprognosen, sondern dienen zu einem besseren Verständnis der Dynamik des Immunisierungslevels. Es kann abgeschätzt werden, wie sich das Level der Immunisierung - ohne externe Einflüsse - entwickeln wird, wodurch es wiederum möglich wird entsprechende Vorbereitungen zu treffen.

Um die Unsicherheiten aus den Eingangs- und Parametrisierungsdaten zu berücksichtigen, wurden in der aktuellen Studie sowohl ein optimistisches Szenario (langsameres Nachlassen der Schutzwirkung) als auch ein pessimistisches untersucht. Ausgangspunkt für beide Szenarien ist der gegenwärtige Stand (28. Feber 2022) an Immunisierung (durch Impfung oder Genesung). Dieses liegt (inklusive der Dunkelziffer) aktuell zwischen 60% und 65% (gegen Erkrankung). Dabei ist dieser Wert mit großer Vorsicht zu interpretieren, beschreibt er doch epidemiologisch jenen Anteil der Menschen die theoretisch zu 100% geschützt sind. In der Realität ist aber wohl ein größerer Anteil der Menschen, dafür aber nur teilweise geschützt. Dieser Wert ist also nicht direkt mit scheinbar ähnlichen Werten aus klinischen Studien vergleichbar.

Davon ausgehend sinkt (siehe Abbildung 1) das Immunisierungslevel selbst im optimistischen Szenario bis 1. Oktober auf ein Fünftel des aktuellen Wertes (ca.12%). Das bedeutet, dass bis zum 1. Oktober etwa 4,3 Millionen immune Österreicherinnen und Österreicher auf das momentane Niveau fehlen, welches aktuell ausreichend ist, um den Peak der Omikron Welle zu erreichen.

Hervorzuheben ist dabei jedoch auch, dass das Schutzniveau gegen Hospitalisierung weitaus persistenter ist (nach gegenwärtigem Wissensstand). Dieses Niveau fällt von aktuell etwas mehr als 80% nur auf etwa 30-45% ab (siehe Titelgrafik). Dies gilt wohlweislich in einem Null-Szenario, in dem ab dem heutigen Tag weder Immunisierung durch Genesung noch durch Impfung stattfindet.

Diese Abbildung zeigt die modellierte Entwicklung des Immunitätslevels der österreichischen Bevölkerung mit Stichtag 28.2.2022. Im Modell findet nach diesem Stichtag keine Immunisierung mehr statt, es ist also nur das Nachlassen der Immunität modelliert. In diesem optimistischen Szenario sinkt das Immunitätslevel von knapp über 60% Ende Februar auf nur noch etwas über 10% Anfang Oktober.
Abbildung 1: Immunität der österreichischen Bevölkerung gegen Infektion mit der Omikron-Variante im optimistischen Szenario. Die waagerechten Linien deuten an, bei welchem Immunitätsniveau die jeweilige Welle ihren Peak erreicht (hat). Die eingezeichnete Linie für BA.2 ist mithilfe von Epidemiemodellen geschätzt.

Hinweise:

Die gesamte Studie, inklusiver des Fitting-Algorithmus sowie aller Erläuterungen und Limitierungen, kann hier als PDF heruntergeladen werden. Folgend eine Zusammenfassung der wichtigsten Anmerkungen und Einschränkungen:

  • Von entscheidender Bedeutung für diese Modellierung ist das Nachlassen der Immunität. Dies ist abhängig von der Art der Immunisierung, also der Anzahl an Impfdosen die eine Person erhalten hat, und ob sie (auch) genesen ist. Dieser Effekt wurde basierend auf Realdaten mittels eines Fitting-Algorithmus (Weibull-Verteilung) modelliert. Details dazu
  • Die Dunkelziffer kann - naturgemäß - nicht präzise erfasst werden, sondern ist eine Schätzung mit gewissen Unsicherheiten, welche jedoch regelmäßig durchgeführt und kontrolliert wird (siehe Paper Rippinger et al.).
  • Schließlich berücksichtigt diese Studie nicht den Effekt von zukünftigen Immunisierungen (durch Genesung und/oder Impfungen) und geht auch von keinen neuen Virus-Varianten aus.

Die Titelgrafik zeigt die Immunität der österreichischen Bevölkerung gegen Hospitalisierung mit der Omikron-Variante im optimistischen Szenario.