Die täglichen Neuinfektionen hüpfen unbeständig hin&her. Der 7-Tages-Schnitt bringt Ruhe und Überblick ins Geschehen.
Aktuell wird die Anzahl der täglichen Neuerkrankungen (positiv getesteten) als Gradmesser für die COVID-19-Epidemie verwendet. Diese Zahl hat aber ihre Tücken und Schwachstellen (siehe Die schwankende Zahl der Neuerkrankten).
Die Anzahl der positiven Testergebnisse unterliegt system-, datums-, wetterbedingten und statistischen Schwankungen. Einerseits, da nicht an jedem Tag gleich viele Infektionen stattfinden. Spezielle Tage (Halloween, letzter Tag vor dem 2. Lockdown, erster Einkaufssamstag), Wochentage (samstags treffe ich Freunde) oder das Wetter (es schüttet, heut‘ geh ich nirgendwo hin) haben einen Einfluss auf die Anzahl der Ansteckungen. Auch die Dauer zwischen Infektion und positivem Testergebnis variiert von Person zu Person. Und da die Labors nicht täglich gleich viele Tests auswerten können (vor allem nicht am Wochenende, wenn ein Teil des Personals frei hat) und auch das IT-System Pannen haben kann, werden die Testergebnisse nicht gleichmäßig im System erfasst. Durch diese Einflüsse ist es daher nur bedingt möglich aufeinanderfolgende Tage miteinander zu vergleichen.
Eine elegante Lösung für dieses Problem ist die Bildung eines Mittelwertes.
Der Einfluss des Zufalls, auch als statistische Schwankung bekannt, gleicht sich auf längere Sicht aus. Wenn man 3x eine Münze wirft, kommt nur Kopf (also dreimal) relativ regelmäßig vor (statistisch etwa einmal bei acht 3er-Versuchen). Wenn man aber 300x eine Münze wirft, dann wird erwartungsgemäß die Anzahl von Kopf zwischen 130 und 170 liegen – also relativ nahe am Mittelwert von 150.
Da bei COVID-19 Neuinfektionen sowohl für die Infektion (Arbeitstag und Wochenende) als auch für die Diagnose, also die Auswertung der Tests (weniger Laborpersonal am Wochenende), der Wochentag eine gewichtige Rolle spielt, macht es Sinn einen Durchschnitt über eine ganze Woche zu bilden. Dadurch wird jeder Wochentag nur einmal einbezogen, egal ob der Durchschnitt von Mo-So oder Fr-Do gebildet wird.
Wie beim Münzwurf werden die „zufälligen“ Effekte durch den längeren Betrachtungszeitraum von einer Woche geglättet. Dieser Durchschnittswert (orange Linie/Kurve in der Grafik) hat den Vorteil, dass er viel stabiler und aussagekräftiger ist als ein zufallsbehafteter Tageswert (graue Kurve).
Vor allem als Entscheidungsgrundlage ist ein stabiler Wert empfehlenswert. Da es ohnehin gut eine Woche dauert, bis Auswirkungen von Maßnahmen zu beobachten sind, ergibt sich durch die minimale Verzögerung auch kein Nachteil. Im Gegenteil: durch die bessere Vergleichbarkeit lässt sich ein Trend viel genauer erkennen als bei täglich hüpfenden Werten.
Anmerkung: Einen Nachteil hat ein 7-Tage-Durchschnitt natürlich schon: sowohl Medien als auch Entscheidungsträger haben weniger zu berichten, da er stabiler ist und sich dadurch auch weniger spektakulär ändert.