Diese Zahlen sorgen regelmäßig für Verwirrung - wir erklären die Unterschiede und warum die Werte sich ändern
Mit Ausbruch der COVID-19 Pandemie rückte plötzlich eine Zahl ins Zentrum der Weltöffentlichkeit: die Zahl der Neuerkrankten. Kein Medium das diese Zahl nicht täglich veröffentlichte. Die Zahl wurde zum Maßstab für den Ernst der Lage, zum Gradmesser für die Effizienz von Maßnahmen und zur Schwelle ab der Maßnahmen notwendig sind. Und sie wurde auch zur Irritation. Täglich mehrmals von unterschiedlichen Stellen ausgegeben und aktualisiert war es nur eine Frage der Zeit, bis Verwirrung entsteht. Welche stimmt jetzt also?
In Österreich werden aktuell zwei verschiedene Zahlen veröffentlicht: die tägliche Meldung des Bundesministeriums für Inneres (BMI) und jene des Epidemiologischen Meldesystems (EMS, publiziert von der AGES). Beide Werte beziehen sind zwar auf die Anzahl der Neuerkankungen, aber mit einem kleinen, feinen Unterschied:
- Das BMI präsentiert täglich die Anzahl der neu gemeldeten positiven Testergebnisse.
- Die AGES veröffentlicht die Anzahl der an diesem Datum getesteten positiven Ergebnisse.
Und wo ist jetzt der Unterschied oder das Problem?
Dazu muss zuerst ein Blick auf das System der Tests und Auswertungen geworfen werden.
Wird einE PatientIn auf COVID-19 getestet, dann wird die genommene Probe zur Auswertung in ein Labor gegeben. Die Labors sind zur Zeit aber regelmäßig mit der Anzahl an Tests überlastet und arbeiten am Limit. Daher ergeben sich bei der Auswertung immer wieder Verzögerungen. Vor allem am Wochenende, wenn ein Teil des Personals frei hat, können weniger Testproben ausgewertet werden.
Wenn eine ausgewertete Testprobe positiv ausfällt, wird sie im Epidemiologischen Meldesystem (EMS) registriert. Sofern es keine (technischen) Probleme gibt. Wenn das Internet oder das EMS nicht funktionieren, oder das Personal überlastet ist, geschieht dies mit einer entsprechenden Verspätung. Es kann also sein, dass der Test selbst bereits etliche Tage zurück liegt bevor das (positive) Ergebnis im EMS eingetragen wird.
Der Unterschied zwischen den BMI-Zahlen und den von der AGES gemeldeten EMS-Daten ist nun Folgender:
- Das BMI veröffentlicht täglich die Zahl der (neu) gemeldeten positiven Tests. Es ist dabei unwesentlich, ob der Test am selben Tag, vor einem Tag oder einer Woche stattgefunden hat. Und wenn ein Labor Probleme hatte und keine Tests gemeldet hat, dann sind diese nicht in der Meldung des BMI. Erfahrungsgemäß kommt es dadurch bei den BMI-Zahlen am Wochenende (wenn weniger Personal in den Labors ist) zu niedrigeren Werten. Wenn dieser Rückstau abgearbeitet wird, führt das aber nach dem Wochenende zu erhöhten Werten.
- Die von der AGES veröffentlichten Zahlen richten sich hingegen nach dem Datum, an dem der Tests durchgeführt wurde. Es ist egal ob die Auswertung im Labor drei Stunden, zwei Tage oder eine Woche dauert: ein positiver Test wird immer dem Tag zugeordnet, an dem die Probe genommen worden ist. Da die Auswertungen unterschiedlich lange dauern hat dies natürlich den Effekt, dass sich bei der AGES die Zahl der „Neu“erkrankungen bereits vergangener Tage rückwirkend immer wieder erhöht – bis alle Ergebnisse von Tests, die an diesem Tag gemacht worden sind, ausgewertet wurden.
Es mag also irritierend sein, dass die Zahl der „Neuerkrankungen“ des BMI und der AGES sich unterscheiden, aber es hat einen nachvollziehbaren Grund. Und dieser Grund ist es auch, warum die Zahl der Neuerkrankungen als Gradmesser ersetzt werden sollte durch den 7-Tages-Schnitt.
Anmerkung: Die Titelgrafik ist ein Screenshot der Berichterstattung von ORF.at zum Thema COVID-19